Marrakesch … Sechs Tage habe ich mich mit einer Freundin der Erkundung dieser außergewöhnlichen Stadt gewidmet. Bekannte, die Marokko bereits bereist hatten, waren darüber erstaunt: „Sechs Tage ist wirklich lang für Marrakesch – vier Tage reichen eigentlich völlig aus.“ Wir sehen das anders: Es hätten sogar noch vier weitere Tage sein können. Hier berichte ich euch, warum und stelle euch meine acht Marrakesch-Highlights vor.
Ein Beitrag von unserer Gastautorin Jo Volkwein.
Wer an Marrakesch denkt, denkt an bunte, leuchtende Farben; an Tee und Gewürze; an Trubel und Gewusel in schmalen Gassen; an Wärme; an die Herzlichkeit der Menschen. In Wirklichkeit ist es all das, nur viel intensiver und irgendwie berauschend. Es ist Tausendundeine Nacht und Aladin und die Wunderlampe – aber natürlich nicht nur.
Meine 8 Highlights, die auch Dich in Marrakesch begeistern werden
1. Marrakesch-Highlight: Die Medina (Altstadt) und die Suqs (Basare)
In den unzähligen, verwinkelten Gassen von Marrakeschs Altstadt reiht sich ein kleines Geschäft an das nächste, jedes hat sich auf bestimmte Produkte spezialisiert: Gewürze und Heilkräuter, Stoffe und Klamotten, Dekorationsgegenstände, Schmuck. Alles wird auch außerhalb der Ladenfläche präsentiert und soll verkauft werden, indem die vorbeigehenden Passanten (Touristen) angesprochen werden. Daran vorbei rasen Menschen auf Motorrädern, Kutschen drängen sich durch, Männer, die Karren schieben.
Es ist sehr wuselig, bisweilen stressig. Am Ende des ersten halben Tages waren wir reizüberflutet und etwas erschöpft. Bereits am zweiten Tag aber hatten wir das Gefühl, eine Orientierung zu bekommen, schon ab dem dritten Tag konnten wir uns „ganz natürlich“ durch die Straßen bewegen und den Händlern freundlich und mit einer angemessenen Portion Humor begegnen.
Meine persönlichen Tipps:
- Am ersten Tag treiben lassen, einen ungefähren Überblick verschaffen, aber nicht versuchen, Wege und Orte anhand von Stadtplänen auswendig zu lernen – es existiert im Übrigen ohnehin kein vollständiger Stadtplan der Medina.
- Ganz wichtig auch: Trauen und vertrauen. Bei interessanten Ständen stehenbleiben trotz der überbemühten Versuche der Verkäufer, Dir etwas zu verkaufen. Wenn nichts dabei ist – freundlich bedanken und selbstbewusst weitergehen. Wenn etwas dabei ist – unbedingt den Preis verhandeln, und hierbei nicht zu zurückhaltend, sondern mutig, aber nicht forsch sein! Geschenke wie selbstgeschnitzte Holz-Glücks-Anhänger oder Tee annehmen, Essen probieren, an Gewürzen riechen.
- Wer orientierungslos aussieht, wird schnell von Kindern oder selbsternannten Guides angesprochen und mehr oder weniger ohne zu fragen dorthin gebracht, wo man hinmöchte. Man kann sich darauf ein- und verlassen – muss am Ende der „Tour“ dann allerdings Geld bereithalten, und denjenigen dafür entlohnen.
- Auch wenn es insbesondere nach Einbruch der Dunkelheit bisweilen etwas gruselig und düster in den Gassen ist, und es sich laut einiger Einheimischer insbesondere für Frauen nicht empfiehlt, zu dieser Zeit noch draußen unterwegs zu sein, gab es für uns keinen Grund, uns darüber hinaus unsicher z. B. auch hinsichtlich Taschendieben zu fühlen.
2. Marrakesch Highlight: Dar Si Said und Palais de la Bahia
Bei beiden handelt es sich um gewaltige Paläste in der südlichen Medina, die nicht nur bei Architektur- und Fotografie-Liebhabern Eindruck hinterlassen. Unbedingt frühmorgens kommen, dann kann man die beeindruckenden Räumlichkeiten mit aufwendigen Schnitzereien, kunstvollen Kacheln, Gärten mit Bananenstauden, Orangerien und Brunnen, Innenhöfe aus Marmor, und Türen mit bunten Fenstern noch nahezu alleine und in Ruhe bestaunen.
3. Marrakesch Highlight: Jardin de Majorelle
Der Garten im Neustadt-Viertel Guéliz, den Modeschöpfer Yves Saint Laurent Mitte der 60er Jahre erstanden hat, ist ein Paradies und verzaubert. Architektur und Dekorelemente im bestechenden Kornblumenblau, das im Kontrast zu knalligem Orange, sonnengelben Highlights, klarem Wasser in den plätschernden Brunnen und dem saftigen Grün der exotischen Pflanzen steht. Hier kann man tolle Fotos machen! Bänke an jeder Ecke laden zum Verweilen, zum Beobachten und auf sich wirken lassen ein. Völlig zurecht wird der Garten von jedem Reiseführer als „Must Do“ empfohlen, und deshalb ein Touristenmagnet – so früh wie möglich zu kommen, lohnt sich hier ganz sicher.
4. Marrakesch Highlight: Die Mellah und die Synagoge
Das jüdische Viertel im Südosten der Medina, angrenzend zum Palais de Bahia, gehört zu den ärmsten der Altstadt. Viele Gebäude sind hier einsturzgefährdet, und wer einmal durch die unauffälligen Tore in eine der unfassbar schmalen Seitengassen tritt, in denen Kinder spielen und Frauen auf ihren Treppen sitzen, wird von der blanken Realität erfasst.
Früher war dieses Viertel Zuhause für die größte jüdische Gemeinde Marokkos, inzwischen besuchen nur noch weniger als 200 Juden die Synagoge, die in einem Innenhof eines Wohnhauses in einer unbeschilderten Gasse nicht weniger versteckt liegen könnte. Diese zwar recht schmucklos Synagoge ist einen Besuch für jeden wert, der sich mit einer anderen Seite von Marokko und seiner Geschichte auseinandersetzen möchte, der dort wandeln will, wo nur wenige Touristen hinkommen – und der einen der schönsten Innenhöfe bestaunen möchte, den ich auf meiner Reise betreten habe. Doch auch für Marktbummler lohnt es sich, in die Mellah zu kommen: Der Gewürzmarkt (Souk des épices) bildet eine Art Eingang zum Viertel.
5. Marrakesch Highlight: Ein Besuch im Hamam
Nach zwei Stunden in diesem traditionellen, orientalischen Dampfbad fühlte ich mich so erholt und gleichzeitig voller Energie wie schon lange nicht mehr. Das Ritual sieht (je nach Institution möglicherweise etwas abweichend) vor, im Baderaum zunächst die Hitze und die Luftfeuchtigkeit auf sich wirken zu lassen, indem man kaum bekleidet auf erwärmten Marmorpodesten liegt. Wir wurden schließlich am ganzen Körper mit einem rauen Handschuh abgerubbelt (wer denkt, hier gehe es mit Sanftheit ist, liegt verkehrt), anschließend mit Ghassoul (naturreine Tonerde, die Haut und Haare reinigt) eingerieben, das etwas einziehen musste, und haben zum Abschluss noch eine Gommage bekommen, das einem Körperpeeling gleicht. Die einzelnen Schritte des reinigenden Rituals werden durch warme Duschen und Wassergüsse aus Kupferschalen voneinander abgegrenzt.
Wir hatten das Komplettprogramm gebucht, und so wurde uns im ruhigen Nachbarraum anschließend Tee gereicht und unsere Gesichter und Füße eingecremt, während wir auf Liegen zur Ruhe kommen konnten. Dann folgte eine Ganzkörpermassage, für die mir noch heute die Worte fehlen.
Ein Erlebnis, das insbesondere im Kontrast zum sonst so wuseligen Marrakesch unbedingt mitgenommen werden sollte. Ich kann das Les Bains de l’Alhambra in der Nähe der Saadiergräber im alten Kasbah-Viertel empfehlen, wo es das Komplettprogramm mit 550 Dirham (etwa 50 Euro) zu einem sehr fairen Preis gibt.
6. Marrakesch Highlight: Madrasa Ben Youssef
Lehranstalt und Gotteshaus zugleich, konnte die Madrasa früher bis zu 900 „Schüler“ beherbergen. Der riesige Bau gibt mit teilweise noch karg eingerichteten, winzigen Räumen eine Vorstellung des reduzierten Lebens hier. Unglaublich beeindruckend sind der Innenhof und die Verzierungen der Gänge im Erdgeschoss: Ornamente wie Arabeske, riesige Flächen aus winzigen, farbigen Kacheln, Holzschnitzereien, aufwendig verzierte Torbögen – ich wusste zunächst nicht, wo ich zuerst hinsehen soll, Dekorkunst scheint sich hier in Perfektion und in der Liebe zum Detail zu zeigen.
7. Marrakesch Highlight: Henna-Farbe,
die aus der gleichnamigen Pflanze gewonnen wird, ist bei uns schon seit Jahrzehnten sowohl für Körperbemalungen als auch für die schonende Färbung der Haare bekannt. In Indien, Persien und vielen arabischen Ländern verfolgt Henna-Bemalung nicht nur kosmetische, sondern auch rituelle Zwecke, so wird der Braut in der Nacht vor ihrer Hochzeit Henna an Händen, Füßen oder Unterarmen in einer feierlichen Zeremonie aufgetragen.
In Marrakesch bieten viele Frauen auf den Straßen die Bemalung mit Henna an, die jedoch Erfahrungsberichten zufolge sehr unsauber ausgeführt, dafür aber mit Glitzer bestreut werden und so nicht den eigentlichen Zauber dieser Kunst innehaben. Ich kann das Henna Art Café auf der belebten Straße Riad Zeitoun al Kdim empfehlen, wo zwei ältere Damen mit über 20 Jahren Erfahrungen geduldig und kreativ schönste Motive auf die Haut bringen, und wo darüber hinaus leckersten Essen angeboten wird.
Tipp: Unbedingt vor 17:00 Uhr kommen, da später aufgrund der Behandlung der fertigen Bemalungen (trocknen lassen, mit einer Mischung aus Zitrone und Zucker abtupfen, in Folie wickeln) keine Kunden mehr angenommen werden und die Küche schließt.
8. Marrakesch Highlight: Marktplatz Djeema El Fna
Eines von Marrakeschs Highlights ist der zentrale, riesige Marktplatz Djeema El Fna, auf den die schmalen, verwinkelten Gassen der umliegenden Medina zulaufen. Hier reihen sich tagsüber mobile Stände aneinander, an denen frischgepresste Säfte verkauft werden; Händler von frischen Kräutern und Gewürzen treffen auf Frauen, die Körperbemalungen mit Henna anbieten, und auf Schlangenbeschwörer, und auf Männer, die Fotos mit verkleideten Äffchen anbieten (ich rate jedoch aus Tierschutzgründen davon ab, dies anzunehmen).
Gegen Abend werden weitere Stände aufgebaut, an denen typisch marokkanische Speisen angeboten werden. Im Sonnenuntergang sieht man schließlich nicht nur die Altstadt und das hohe Minarett der Koutoubia-Moschee erleuchten, sondern Dampfschwaden steigen über den Dächern der Marktstände auf – ein beeindruckendes Bild, das man sich auch mal von einer der Terrassen der umliegenden Lokale anschauen sollte, wenngleich diese natürlich fast ausschließlich von Touristen besucht werden.
Im nächsten Artikel verrate ich euch übrigens meine kulinarischen Highlights vom Marrakesch-Trip.
Hast du mehr Zeit? Weitere Insidertipps für einen Marrakesch-Urlaub:
- 4 Tage länger und wir hätten die Zeit gehabt, uns das Kasbah-Viertel in der südwestlichen Altstadt genauer anzuschauen, in das wir so nur durch den Besuch im Hamam einen kleinen Einblick bekommen haben. Hier finden sich auch die prachtvollen Mausoleen der Saadier (Tombeaux Saadiens), die nicht nur einen wichtigen Abschnitt der Geschichte Marokkos markieren, sondern die ein Ort der Ruhe und Konzentration sein sollen.
- Ein sehr freundlicher und hilfsbereiter Taxifahrer hatte uns außerdem die kostenlose Terrasse des luxuriösen Einkaufszentrums Menara Mall empfohlen, die insbesondere im Sonnenuntergang ein Besuch wert sein soll.
- Marrakesch liegt außerdem am Fuße des Atlasgebirges, sodass sich mindestens ein Tagesausflug dorthin anbietet. Das Gebirge bildet quasi die Grenze zwischen dem recht feuchten Klima im Norden und der trockenen Sahara im Süden, sodass die vielfältige Tier- und Pflanzenwelt wächst und gedeiht, wie man es nicht erwartet hätte. Hier erhält man außerdem einen Einblick in das ungeschönte, reale, bisweilen sehr arme Landleben der Menschen und trifft auf die in Marokko noch immer weit verbreitete Ethnie der Berber, über deren Hintergründe, Kultur, Lebensweise und Traditionen es sich zu informieren lohnt, wenn man Marokko verstehen möchte.
- Auf dem Hinflug hat uns ein Einheimischer von der Todra-Schlucht erzählt, die ich mir gerne angesehen hätte. Die Schlucht ist der Ausgang von einem der wichtigsten Flüsse im Süden Marokkos, dem Oued Todra, und soll zu den landschaftlichen Höhepunkten zählen. Die grünen Oasen entlang des Flusses müssen äußerst eindrucksvoll sein, jedoch führt der Fluss während der Sommermonate kein Wasser – ein Besuch lohnt sich also zu den empfohlenen Reisezeiten Frühling oder Herbst.
- Hätten wir vier Tage mehr Zeit gehabt, hätten wir außerdem an einer zweitägige Tour in die Wüste Sahara teilgenommen.
Über Jo
Mein Name ist Jo und ich wohne und arbeite in Düsseldorf, bin aber „in der Welt zuhause!“ Ich war noch nicht ganz ein Jahr alt, als meine Mutter mich auf meine erste große Reise mitgenommen hat – nach Malaysia. Seither kriege ich nicht genug von der Welt – mein Entdeckertum treibt mich an, neue Länder zu bereisen, in fremde Kulturen einzutauchen, alte Traditionen und Sitten kennenzulernen, weit weg von der Heimat zu leben. Was mich fasziniert, sind die anderen Farben, die landeseigenen Gerüche, das spezielle Essen und spannende Sprachen. Meine Erinnerungen und Erlebnisse habe ich in der Vergangenheit vor allem in Bildern festgehalten; Fotografie ist eine Leidenschaft von mir, der ich im Alltag leider viel zu wenig nachgehe. Reisen erfüllt mich mit Glück und Ausgelassenheit; und es kann so einfach sein! Während ich noch vor einigen Jahren alles bis ins Detail geplant habe, genieße ich es inzwischen, einfach aufzubrechen, loszulassen und zu sehen, was dabei herauskommt. Ich freu mich, das Ergebnis hier in Wort und Schrift festzuhalten. Viel viel Liebe vom Rhein, eure Jo.
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Ganz ehrlich: Dieser Liste ist nichts mehr hinzuzufügen. Hätte ich selbst nicht besser schreiben können! :) Auch dein fotografisches Talent ist bemerkenswert – gerade den ersten Shot finde ich mega. Finde es ziemlich schwierig Alltagsszenen so visuell präsentabel einzufangen. Chapeau!
LG,
Ahnma
Toller Bericht. Inspiriert von deinen Schilderungen waren wir auch in dem Hammam und es war ein tolles Erlebnis zum Abschluss unserer Reise. Auch mit dem Kasbah-Viertel hast du Recht gehabt, wir haben uns ein bisschen mehr Zeit dafür genommen. Marrakesch ist auf jeden Fall eine Reise wert